(20) Haas aus Landau (15)
Eduard Haas
15
Verbannt und ausgestoßen aus dem Theuersten, aus unserem so schönen aber leider so
schmählich geschändeten Vaterlande, hat uns doch gleiches Geschick hierher verschlagen und
und den lieben Kreis geöffnet, in welchem wir diesen Winter und Frühling über so manche
schöne Stunde der freundschaftlichen Austauschung zusammen verlebten.
Diese Stunden werden mir immer im Gedächnisse wurzeln und unvergeßlich bleiben und
so manche Erfahrung und Lehre, die ich gezogen aus dem vertraulichen Gespräche mit
dem biedersten Deutschen, den ich bis jetzt kennen gelernt, werde ich mir zu Nutze
führen und bei Bewendung (?) derselben dann stets der Lage in Straßburg gedenken.
Die Aussicht in die nächste Zukunft, verehrte Frau, möge auch noch manchmal
dunkel werden; aber lassen sie uns darob nicht verzagen noch verzweifeln; sondern
stets schwebe uns vor "die Gerechtigkeit, die Vernünftigkeit, die Heiligkeit unserer Sache,
der Sache des Volkes", der wir uns mit Leib und Seele hingegeben. Ja glaubten wir
selbst nicht an einen Gott, an eine vernünftige Weltordnung müssen wir glauben und was
wir verfechten, was wir wollen ist nur zu vernünftig, zu gerecht.
Deine immer heiteren u. frohen Blut's (?) und Gemüthes lassen dich auch der Zukunft entge
genwarten (?); fortlauschen wollen wir an dem Pulsschlag der Zeit, bis die Woge der
Revolution uns von diesem Eiland weg an die grünen Ufer unsres geliebten
Vaterland führen wird. Wir sind die Träume der Zukunft und wollen uns so
schelten lassen. Gedenken Sie bei der Durchsicht dieser Zeilen manchmal ihres aufrichtigen
Straßburg am 23. Juni 1850 Eduard Haas aus Landau
Über das revolutionäre Engagement des „Studenten“ Eduard Haas (Stud. jur.) während der Reichsverfassungskampagne geben die Anklagevorwürfe (von 1851) einseitige Auskunft:
http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2006/5060/pdf/S+16+1471.pdf
(S. 29) und bes. S. 237 !!!
In diesem großen Zweibrücker Prozess ist auch Eduard Haas, der „Student aus Landau“, angeklagt: „daß er sich derselben Theilnahme (an der Pfälzer Revolution) dadurch schuldig machte, daß er Hauptmann einer Freischaar war, mit seinem Corps Exekutionszüge in Gemeinden zur Brechung der Renetenz machte, den Bewohnern von Impflingen das Verbot des Einbringens von Lebensmitteln in seine Vaterstadt Landau aufs Strengste einschärfte, gewaltsam durch sein Corps Waffen und Lebensmittel wegnehmen und Vorspann erzwingen ließ, mit Bewaffneten in Steinweiler die Postwägen anhielt und untersuchte und einzelne Paquete in Beschlag nahm, persönlich und gewaltsam in Steinweiler Waffen wegnahm, mit seinen Corps bei Eusersthal Triftholz wegnahm und verbrannte, auch eine Depesche des Festungskommando’s Landau an jenes in Germersheim gewaltsam weggenommen hat.“ (S. 29)
Wegen seiner Vergehen wurde Haas am 31. Oktober 1851 vom Assisengericht in Zweibrücken in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
Der Steckbrief ist so kurz, wie kaum einer sonst: Student von Landau, 24 1/2 Jahre alt. Noch ohne Gesicht und Körperbeschreibung.
Über Eduard Haas schreibt auch Ph. Daniel Knobloch in seinen Erinnerungen (siehe unter 50a)
Ein Herr Haas (Eduard?) war Mitglied der Militärdeputation aus Rastatt, die in Offenburg vom Garnisonsaufstand berichtete (Raveaux: die Offenburger Versammlung, S.108). Haas schlug sich drei Tage nach dem verlorenen Gefecht von Rinnthal über Nothweiler nach Weißenburg ins Elsaß durch (über die Gefechte bei Rinnthal siehe: Ludwig Schütte, 1848/49 in Edenkoben). Im August 1850 hielt er sich in Straßburg, im September 1851 in Dijon auf.
In Straßburg war Ed. Haas Ansprechpartner (In: Schwestern zerreißt eure Ketten, S. 309), später Kassierer des Flüchtlingsvereins – und wurde als solcher von Raveaux brieflich (ebenda, S. 316) erwähnt.
Wie viele seiner Genossen wurde Haas durch Allerhöchste Entschließung (am 27. Juli 1860) begnadigt.
Der Pfälzische Generalstaatsprokurator zu Zweibrücken berichtete 1865 über Haas: Professor am Lyceum in Aleson (= Alençon, Hauptstadt des Departments Orne/Frankreich); „hat sich von allen politischen Trieben fern gehalten“ (Mitteilungen des Landesarchiv Speyer).
Arnold, Hermann(1967): Juden in der Pfalz. Vom Leben pfälzischer Juden. Speyer (Pfälz. Ges. z. Förderung d. Wiss.), VII, 127 S.;
2. Auflage: Landau 1988, 232 S.;
Arnold, Hermann (2000): Jüdisches Leben in der Stadt Landau und der Südpfalz (1780-1933). Landau (Blinn),
Walter Grab (Hrsg. 1983): Juden im Vormärz u. in der Revolution von 1848,Universität Tel-Aviv (Fakultät für Gesch.), 400 S.; Jb. des Instituts f. dt. Gesch. Beih. 5). Auch: Stuttgart (Burg Verlag), 1983.
Haas aus Landau siehe auch unter Eintrag Nr. 37